Sonntag, 30. Dezember 2007

30.12.2007 - Koch mag keine Ausländer

Kommentar. Das Jahr neigt sich dem Ende, aber ich werde hier keine Rückschau halten, was gewesen ist. Vielmehr ist es viel spannender, nach vorne zu sehen mit der Erfahrung des alten Jahres im Gepäck.


Nächstes Jahr sind in einigen Bundesländern Wahlen, der Wahlkampf hat schon begonnen und treibt wie immer seltsame Blüten.

Nehmen wir einmal Hessen. Der dortig Regierende Koch möchte natürlich nächstes Jahr auch noch regieren, man gewöhnt sich ja dran. Und so kommt es dann bei diesem leicht unterbelichteten Provinzpolitiker zu Entgleisungen à la Burkaverbot und "Wir haben zu viele kriminelle Ausländer!".

Wer trägt eigentlich in diesem Hessen einen "Ganzkörperschleier" (O-Ton Koch)? Da macht doch das Weißhaar mit den aufgespritzten Lippen eindeutig Wahlkampf auf Kosten von Minderheiten (wie viele tragen denn nun Burka in Hessen?)!

Wer zu der Einschätzung kommt, dass es "zu viele kriminelle Ausländer" in Hessen (oder meint er gar das ganze Bundesgebiet, wenn nicht gar Europa?) gäbe, muss sich fragen lassen, ob er die Anzahl deutschstämmiger Krimineller für angemessen hält. Nur mal so ein Denkanstoß für den offensichtlich der geistigen Unterschicht angehörenden "Politiker".

Ich kann also zum Jahreswechsel nur hoffen, dass ein Wunder geschieht und dem Roland Koch, Obermotz von Hessen, geholfen werden kann. Entweder indem man ihn fürsorglich aus dem Amte entfernt (bei den anstehenden Wahlen) oder indem Herr Koch eine angemessene Prise Hirn zugeteilt bekommt und er vielleicht seinen populistischen Wahlkampf in ein mehr intellektuelles Fahrwasser zurückbringt.

Wenn die Hessen allerdings auf den Rechtsausleger Koch hereinfallen und ihm wiederum das Amt des hessischen Ministerpräsidenten verschaffen, erkläre ich hiermit öffentlich das Bundesland Hessen zur "No-Go-Area", zur Meidezone.

Aber hoffen wir das Beste, im Grunde bin ich Optimist - in diesem Sinne: ein gesundes Neues Jahr!

Mittwoch, 7. November 2007

7.11.2007 - Gedenktafel eingeweiht

Niederschöneweide. BVV und Bezirksamt weihen am 9.11.2007 um 16.00 Uhr am Gebäude des ehemaligen Haftorts des NKWD in der Hasselwerderstraße 38-40 eine Gedenktafel ein. Sie enthält folgenden Text:

"In diesem Haus befand sich im Jahr 1945 einer von bisher 20 bekannten Haftorten des sowjetischen Geheimdienstes NKWD im Bezirk Treptow-Köpenick. Nach Kriegsende wurden im Keller dieses Gebäudes zahlreiche Bürgerinnen und Bürger interniert und von hier in Straflager deportiert, wo viele von ihnen umgekommen sind."

Quelle: Berliner Woche Nr. 45 vom 07.11.2007

Meinung: Noch schwammiger geht die Formulierung nicht mehr, noch unvollständiger kann man eine "Gedenktafel" nicht gestalten. Kein Wort, ob nicht auch Schuldige unter den Internierten waren, ist die Gedenktafel auch für die NS-Verbrecher, die zu Recht eingesessen haben? Wenn ja, warum regen wir uns dann über NPD-Gedenkmärsche zu Heß' Geburts- und Todestag auf? Keine Opferzahl: sind alle umgekommen oder "nur" 2 Prozent? Ich finde, hier wurde eine Chance vertan, Geschichte ehrlich darzustellen.

Mittwoch, 24. Oktober 2007

24.10.2007 - NPD verteilt Schülerzeitung

Land Brandenburg. Nach der Verteilung der sogenannten "Schulhof-CD" vor etlichen Monaten soll es also jetzt eine Zeitung sein. 12 schwarz-weiße, billig fotokopierte Seiten. In bunt gibt's das Blatt im Internet auf den einschlägigen Seiten. Interessant ist der Name: "Der Stachel". Die Nationaldemokraten, die gerne mal die Vokabel "rechtswidrig" für Gegendemonstrationen bemühen und auch sonst sehr versiert in Rechtsfragen sind (sofern es um ihre eigenen Rechte geht), haben wohl übersehen, dass der Name "Stachel" schon für die Bezirksblätter der Grünen verwendet wird. Es kam, wie es kommen musste: Einstweilige Verfügung, Stopp der Verteilung. Nachtrag: Die "Weltnetz-Ausgabe" kann jetzt als Notausgabe mit dem Titel "Der Titellose" heruntergeladen werden.

Aber mal zum Inhalt. Keine Bange, ich werde hier nichts von den altbekannten Lügen und Verdrehungen zitieren. Aber ein Punkt ist doch interessant. Auf Seite 9 ist das Gratis-Extra beworben: der Aufkleber "Ich stehe zu meinem Land." mit dem Hermannsdenkmal. Zitat: "Hermann der Cherusker befreite im Jahre 9 unser Land von den Römern und einigte die deutschen Stämme zum Volk. Auch wir müssen uns..." und so weiter. Das ist dreiste Geschichtsfälschung.

Erstens: "Hermann der Cherusker" ist eine reine Romangestalt (Ulrich von Hutten), die gerne mal für nationalistische Ziele verwendet wird. Gemeint ist wohl Arminius, der Cheruskerfürst. Dieser Mann ist uns nur aus einer einzigen Überlieferung bekannt: den "Annalen" des Tacitus, aus denen wir auch die Sammelbezeichnung für die Völker nördlich der Alpen kennen: "Germanen". Der Name "Hermann" ist historisch nicht belegt, sondern eine Erfindung des besagten Ulrich von Hutten.

Zweitens: "Befreite" ist ja wohl starker Tobak. Arminius hatte eine Fehde mit Varus, der die römische Steuerpolitik in den ihm unterstellten germanischen Provinzen durchsetzen wollte. Eine dieser Provinzen war die des Arminius (im übrigen in römischen Diensten stehend, also beileibe kein "Befreiungskämpfer"). Also verbündete sich Arminius mit noch ein paar anderen betroffenen Fürsten und machte die drei Legionen des Varus platt. Damit waren aber die Römer noch lange nicht weg. Schöne "Befreiung"!

Drittens: "Deutsche Stämme" gab es zu der Zeit nicht. "Deutsch" als Sammelbezeichung kam erstmals als Vokabel am Hofe Karls des Großen zirka 800 Jahre später auf. Und geeinigt hat Arminius die germanischen Stämme (die der Verfasser des Zitats wohl meinte) auch nicht. Das war ein reines Zweckbündnis. Und was das "Volk" betrifft: Selbst wenn Außenstehende die Germanen als Volk sehen - die germanischen Stämme waren (und sind) untereinander traditionell so zerstritten, dass eine "Einigung" durch wen auch immer niemals durch einen Hinterhalt auf die römischen Steuereintreiber erfolgt wäre. Arminius war in seinen eigenen Reihen heftig umstritten und wurde mithin von seinen "eigenen" Germanen abgemurkst, und das nicht mal im Kampfe, was für Germanen eine viel größere Schande ist.

Eine Schande ist auch, dass die NPD diese Geschichtsklitterung verbreitet. Immerhin warnt sie auf dem Titelblatt: "Achtung, Verletzungsgefahr". Übrigens: Im gesamten Blatt tauchen die Wörter "wahr" oder "Wahrheit" nicht auf.

Montag, 22. Oktober 2007

22.10.2007 - Uhrzeitumstellung

Europa. Nicht vergessen: In der Nacht vom 27. auf den 28. Oktober wird die Uhr von 3.00 Uhr auf 2.00 Uhr zurückgestellt, die Sommerzeitperiode 2007 ist damit beendet, es gilt wieder die Mitteleuropäische Zeit. Damit ist es morgens wieder eine Stunde eher hell, abends darf man dafür eine Stunde eher bei gemütlischem Kerzenschein sitzen.

Sonntag, 30. September 2007

30.9.2007 - Lokschuppenfest in Berlin-Schöneweide

Niederschöneweide. Trotz des Herbstwetters waren wieder etliche Dampflokbegeisterte mit Kind und Kegel unterwegs. Die alten Dampfrösser ziehen nach wie vor unglaublich viele in ihren Bann, seien alte Erinnerungen an Eisenbahnfahrten in Kinder- und Jugendtagen daran schuld oder einfach pure Begeisterung für die alte Technik. Bei den alten Dampfloks ist jeder Hebel, jedes Ventil und jeder Niet von außen zu sehen. Die Diesel- und Elloks bieten diesen "Komfort" nicht - da ist alles verkleidet. Aber genug der Worte, in der Galerie befinden sich demnächst ein paar Fotos für alle, die nicht dabei sein konnten.

Samstag, 1. September 2007

1.9.2007 - Ende und Anfang

Liebe Leser des Sprachrohrs,

heute geht eine "Ära" zu Ende - das Sprachrohr wird es nach fast 10 Jahren nicht mehr als Papier- bzw. PDF-Ausgabe geben. Durch die Verkleinerung der Redaktion (vielen Dank für Deine Arbeit, Gerhard Schramm!) ist es uns unmöglich geworden, monatlich ein Heft zu kreieren, das die Grundprinzipien und Leitlinien guter Zeitungsgestaltung einzuhalten vermag. Da uns (und Ihnen) aber nicht nur gute Beiträge wichtig sind, sondern auch eine ansprechende Gestaltung, haben wir uns zu einem Kompromiss entschlossen: Ab sofort wird das Sprachrohr nur noch als sogenannte Netzausgabe verfügbar sein. Die Gestaltung hängt in diesem Falle also von Ihrem verwendeten Webbrowser ab. Anfangs werden nur neue Artikel verfügbar sein. Wir versprechen aber, die alten Beiträge nach und nach einzustellen. Wir sind auch bei der Gestaltung der Netzausgabe des Sprachrohrs wieder auf Ihre Mitarbeit angewiesen. Wenn Sie also ein Thema vermissen, dann her damit!

Die Spottdrossel, die beliebte Satirebeilage des Sprachrohrs gab es ja schon als Netzausgabe, sie wird gestalterisch in das Konzept es Sprachrohrs eingebunden, bleibt aber eigenständig. Zum Glücke für uns alle ist uns hier der gute Gerhard erhalten geblieben, wir werden also wieder mit seiner Hilfe haarscharf am guten Geschmack vorbei"schrammen"!

Auf ein Neues!

Andreas Mascher
Redaktion Sprachrohr

Freitag, 31. August 2007

31.8.2007 - Sprachpanscher des Jahres

Dortmund. Der allgemein unbekannte und deshalb auf spektakuläre Aktionen angewiesene Verein Deutsche Sprache e.V. (VDS) des Statistikprofessors Walter Krämer hat "wieder einmal" die Deutsche Bahn abgestraft, die "sich von der deutschen Sprache verabschiedet" habe. Da es aber beim VDS Sitte ist, nicht Körperschaften, sondern Personen zu verunglimpfen, ist also der derzeitige Vorstandsvorsitzende Hartmut Mehdorn der "Begünstigte". Nun sind wir uns alle darüber einig, dass wir manchmal zu viele Anglizismen verwenden. Einig sind wir uns auch, dass wir etwas dagegen tun müssen. Ich persönlich war immerhin selbst Vollmitglied im VDS und bin immer noch Wortpate zweier wunderbarer deutscher Worte. Das war und ist mir wichtig.

Aber was gewinnen wir, wenn wir anfangen, Menschen an den Pranger zu stellen?

Jil Sander hat einmal in einem live ausgestrahlten Interview in freier Rede relativ (nein - fast nur) Anglizismen verwendet, größtenteils fachspezifische. Als in der ganzen Welt aktive Modeschöpferin denkt sie wahrscheinlich in solchen Begriffen. Der VDS gießt in allerschönster Boulevard-Manier den ganzen Kübel seiner Verachtung über sie und kürt sie zum "Sprachhunzer" des Jahres 1997. Aber zurück zu Hartmut Mehdorn, dem diesjährigen Preisträger. In der Laudatio heißt es: "Die weltweit über 30.000 Mitglieder des Vereins Deutsche Sprache e.V. haben Hartmut Mehdorn, den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn AG, zum Sprachpanscher des Jahres 2007 gewählt. Nach Johannes Ludewig ist Mehdorn damit bereits der zweite Bahn-Chef, dem diese zweifelhafte Ehre zuteil geworden ist. 'Leider hat die Deutsche Bahn aus diesem ersten Preis nicht viel gelernt' kommentierte Vereinsvorsitzender Krämer das Ergebnis dieser Wahl. 'Noch immer gibt es an deutschen Bahnhöfen counter statt Schalter, einen service-point statt einer Auskunft und zum Pinkeln muß man zu McClean'." Counter? An keinem Fahrkartenschalter steht "Counter"! Nur in internen Publikationen der für das Markendesign verantwortlichen Abteilung gibt es "Counter". Und in einem Faltblatt für das bahn.comfort-Angebot habe ich auch mal dergleichen gelesen. Ich weiß also nicht, woher Krämer bei der Bahn einen "Counter" gesehen haben will. Da er die Bahn ja so zu hassen scheint, wird er sich ja wohl nicht entblöden, mit ihr zu fahren, und dann noch ausgerechnet in der 1. Klasse! DB Service Point? Richtig, die heißen so. Aber die allermeisten Reisenden wissen damit etwas anzufangen (Krämer und Konsorten ausgenommen, die stellen sich absichtlich dumm). Und unter besagtem Johannes Ludewig gab es die DB Service Points noch nicht. Hier wird durch Krämer Kontinuität suggeriert. Und McClean?!? Jetzt hat Krämer den Vogel abgeschossen. Nicht etwa die WC-Center werden bemängelt. Nein, jetzt ist Hartmut Mehdorn persönlich dafür haftbar zu machen, dass die Schweizer Firma, die die Bahnhofstoiletten bewirtschaftet, "McClean" heißt. Und nächstes Jahr bekommt Hartmut Mehdorn noch einmal den Preis, weil die Bahnhofsrestaurants "McDonald's" heißen. In der Laudatio wird es heißen: "... und zum Essen muß man zu McDonald's". Fassen wir also zusammen: Das "Urteil" wird mit drei Anglizismen begründet. Einer taucht so gut wie nie auf, einer ist berechtigt (wenn man Anglizismen für das Böse in der Welt hält), einer ist ein Eigenname. Klasse gemacht! Bei so viel Inkompetenz, Uninformiertheit und Subjektivität stellt sich der Verein des notorischen Cholerikers Krämer selbst ins Abseits1). Ich persönlich bin froh, dass ich meine sprachpflegerischen Aktivitäten nicht mehr unter den erdrückenden "Fittichen" des VDS entfalte, sondern in einem der anderen "Penner-Vereine" (O-Ton Krämer). Der VDS ist nicht mehr ernst zu nehmen.

1) Nein, tut er nicht. Da ist er schon.